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27. Mai. 2024

Museum für Naturkunde Gera beherbergt „obdachlose“ Vögel

Am 14. April 2024 erlebte Arnstadt ein schreckliches Unglück, als die Turmspitze des über 500 Jahre alten Neutorturmes abbrannte und damit ein großer Schaden entstand.

Glücklicherweise wurde das Feuer rechtzeitig entdeckt und von der Feuerwehr so effektiv gelöscht, dass unter dem Dachstuhl liegende Räume verschont blieben. Nach dem Brand traten durch die Löscharbeiten an vielen der Präparate Wasserschäden auf, bei einigen Exemplaren war die Haut sehr feucht geworden, Schimmelbildung und der vollständige Verlust war zu befürchten. Der Bürgermeister Arnstadts reagierte schnell und stellte als Lagerort eine Halle des Bauhofs zur Verfügung. Vogelpräparate, vor allem wenn sie geschädigt sind, brauchen Trocknung unter Beobachtung, Sicherheit und gute Aufbewahrung für einen möglicherweise längeren Zeitraum. Deswegen erschien eine Unterbringung in der Halle nur eine Notlösung für kurze Zeit zu sein. Ende April 2024 fand der Transport nach Gera statt: Es wurden viele gefüllte Kartons von den Mitarbeitern des Museums für Naturkunde Gera, unterstützt vom Stadtmuseum Gera auf den oberen Bodenbereich zu vorbereiteten Regalen getragen. Dort sollen nun die Präparate vorsichtig trocknen, sie werden gereinigt und vor Staub und Schadinsekten geschützt, aufbewahrt. Nach der Renovierung des Arnstädter Neutorturms können alle Präparate wieder dorthin zurückkehren.

Vorangegangen war ein Besuch von Rainer Michelsson, dem heutigen Präparator des Museums für Naturkunde Gera, in Arnstadt, um dem Vertreter der Fachgruppe Bernd Friedrich und der Wissenschaftlichen Mitarbeiterin des Schlossmuseums Dipl. Museologin Martina Guß bei der Bergung der Vogelsammlung zu helfen. Der Besuch sollte nicht nur mit guten Ratschlägen und freundlichem Schulterklopfen enden, sondern in solch einer schwierigen Lage eine schnelle, durchführbare und echte Hilfe sein. Der Vorschlag, die Präparate vielleicht mit einem Transporter nach Gera ins Museum für Naturkunde zu bringen, war für alle Anwesenden eine sehr erleichternde Idee. Auch die Direktorin des Schlossmuseums Arnstadt Antje Vanhoefen begrüßte dankbar die angebotene Hilfe, sind doch einige der kostbaren Präparate über 100 Jahre alt. Dr. Andreas Gerth, Leiter des Museums für Naturkunde Gera, wie auch der Kulturamtsleiter Felix Eckerle sahen diese Lösung als eine praktikable Möglichkeit und ein Zeichen der tatsächlichen Solidarität zwischen Thüringer Museen.

Der Neutorturm ist seit über 50 Jahren Heimstadt der örtlichen Fachgruppe Ornithologie und Vogelschutz. Vogelzählungen, Exkursionen und Vogelberingung weckten das Interesse vieler Freizeitornithologen, darunter auch einige Jugendliche. Bei den abendlichen Treffen an jedem Freitag konnte man in den Etagen des Neutorturmes viele in Vitrinen präsentierte Vogelpräparate bewundern, so wurden 1979 dort z. B. vom Schlossmuseum der Stadt Arnstadt 115 und später weitere 53 Vogelpräparate untergebracht. Auch Rainer Michelsson, der heutige Präparator des Museums für Naturkunde Gera war damals Mitglied dieser Fachgruppe. Einige von ihm erstellte Frühwerke, darunter das Balgpräparat des heute in Deutschland äußerst selten gewordenen Rebhuhns wurden in einer der Turmetagen ausgestellt.