Was tun, wenn man Jungvögel findet?
Sitzengelassen zu werden, ist nicht immer etwas Schlechtes

Jedes Jahr, vor allem von Anfang Mai bis Ende Juni, erreichen Natur- und Tierschützerinnen und -schützer zahlreiche Anrufe, dass vermeintlich hilflose oder kranke Vogeljungen gerettet werden sollen bzw. müssen. Dabei handelt es sich fast immer um gerade flügge gewordene Jungtiere von Singvögeln wie Meisen, Finken, Amseln und Staren, aber auch mitunter um junge Turmfalken oder Waldkäuze.
Der Grund für die vermutete Hilflosigkeit ist meist der gleiche: Direkt nach dem Schlupf sind fast alle heimischen Singvögel sogenannte Nesthocker. Das heißt, dass sie weitestgehend nackt und blind aus dem Ei schlüpfen und noch für einige Zeit (mehrere Wochen bis einige Monate) die Nestwärme und Fürsorge der Elterntiere benötigen. Zum Ende dieser Zeit spricht man vom sogenannten „flügge werden“: Die Jungvögel, in dieser Zeit auch „Ästlinge“ genannt, beginnen mit den ersten Flugübungen und verlassen dabei öfter das Nest, manchmal auch schon völlig und führen ihre Übungen in unmittelbarer Nähe des Nestes fort.
Hier kommt der entscheidende Punkt zum Tragen: Das unbeholfene Verhalten der Jungvögel wird von vielen Menschen (gut gemeint) als Hilflosigkeit oder Kranksein interpretiert. Dabei handelt es sich um einen ganz normalen und wichtigen Lernprozess. Außerdem werden die Jungen auch in dieser Phase immer noch von den Eltern versorgt und gefüttert. Die Jungen in dieser Zeit von ihrem „Lernort“ zu entfernen und in einer Kiste zum nächsten Tierarzt o.ä. zu bringen, kommt einer Art Entführung gleich.
Die untere Naturschutzbehörde der Stadt Gera (uNB) weist darauf hin, dass es verboten ist, wild lebende Tiere zu stören oder deren habhaft zu werden und bittet daher darum, augenscheinlich gesunde (Jung-) Vögel vor Ort zu belassen und lediglich darauf zu achten, dass Hauskatzen und Hunde sie nicht erreichen und verletzten können.
Nur bei tatsächlich verletzten (oder kranken) Vögeln und anderen geschützten Tieren ist die uNB zu kontaktieren. Bei jagdbarem Wild (Enten, Rehen, Füchsen etc.) sollte dies über die Jagdbehörde oder direkt den Jagdpächter erfolgen. Bei Unsicherheit oder einer Notlage (Wildunfall etc.) ist am besten, zuerst die Feuerwehr zu verständigen, die dann entsprechend vor Ort kommt bzw. vermitteln kann. Weiterführend Informationen erhalten Sie z.B. beim NABU.