Nach 30 Jahren Zentrale Leitstelle und 40 Jahren Berufsfeuerwehr geht Wolfgang Hartick Ende des Monats in den Ruhestand.
Ortsteilbürgermeister, Mitglied im Heimatverein und in der Freiwilligen Feuerwehr, Großvater – "Ich habe viele Rollen", sagt Wolfgang Hartick.

Und so fürchtet sich der 61-Jährige auch nicht vor Langeweile, wenn er demnächst eine seiner Rollen nicht mehr spielen wird. Eine Hauptrolle seines Lebens, könnte man sagen, die er inzwischen über 40 Jahre ausfüllte. So lange war der gebürtige Dornaer bei der Geraer Berufsfeuerwehr, seit 30 Jahren mit der Verantwortung für die Zentrale Leitstelle Gera. Ende des Monats verabschiedet sich Wolfgang Hartick in den Ruhestand, sein Nachfolger als Abteilungsleiter der Leitstelle soll am 1. April 2023 seinen Dienst antreten. Wer es wird, verriet die Stadt zuletzt auf den Datenschutz noch nicht.
Am 1. Mai 1982 fing Wolfgang Hartick in der damals noch zur Volkspolizei gehörenden Abteilung Feuerwehr in der Berliner Straße 153 in Gera an. "Umgangssprachlich war das immer die Berufsfeuerwehr", sagt er. Nachdem er in der Einsatzabteilung im 70-Stunden-Dienst aktiv war, nahm er 1984 ein Studium in Magdeburg auf, das er nach 4,5 Jahren als Diplom-Ingenieur Brandschutz abschloss.
Brandermittler, Ausbilder, Abteilungsleiter, Feuerwehrmann
Auf eigenen Wunsch sei er zurück nach Gera gekommen, wo er Frau und Kinder hatte. Er arbeitete fortan im vorbeugenden Brandschutz, war Ausbilder für Grundlehrgänge und zudem bis 1990 auch als Brandursachenermittler im Einsatz - eine Funktion, die inzwischen bei der Kripo angesiedelt ist. Nach Mauerfall und Wiedervereinigung sei er im Jahr 1993 gefragt worden, ob er die Leitstelle übernehmen wolle, die sich seit April 1992 in der Berliner Straße 153 befand. "Die Leitstelle war fortan immer mein Thema", sagt er - auch 2011 bis 2017, als er Geschäftsleiter des Rettungsdienstzweckverbandes Ostthüringen war. Die ursprünglich reine Feuerwehr-Leitstelle fürs Geraer Stadtgebiet wurde nach und nach räumlich und inhaltlich erweitert, zunächst um den Altkreis Gera-Land und die Zuständigkeit für den Rettungsdienst. Bis 1995 kamen der Rest des heutigen Landkreises Greiz sowie die Altkreise Altenburg und Schmölln dazu. Der letzte Wachstumsschub war dann 2020 durch den Saale-Orla-Kreis.
Erlebt habe er viel in 40 Jahren bei der Berufsfeuerwehr: schwere Brände, schlimme Unfälle, Hochwasser. Letzteres erst 2002, als er in Dessau mit im Einsatz war, dann 2013 in der eigenen Stadt. Die Katastrophe vor zehn Jahren wie auch spätere Kritik am Vorgehen haben Spuren bei ihm hinterlassen. "Es ist sicher nicht alles gut gelaufen", sagt er: "Wir haben aber daraus gelernt." Er betont: "Was im Vorfeld nicht passiert, kann währenddessen kaum noch nachgebessert werden." Trotz allem hebt er hervor, dass damals kein Menschenleben beklagt werden musste.
Zurück zur Leitstelle: Die hat sich in seiner Amtszeit nicht nur durch den Zuständigkeitsbereich stark gewandelt. So wuchs die Zahl der Mitarbeiter von 17 auf 33 an. Vor allem die Möglichkeiten der Digitalisierung hätten die Leitstellenarbeit verändert. "Es gab auch damals schon Computertechnik, das ist aber nicht mit heute vergleichbar", sagt Hartick. Die Alarmierung habe sich verbessert. Durch die Verbreitung von Mobiltelefonen müsse nicht mehr die nächste Notruf-Säule gesucht werden. Anrufer können bei Ortsunkenntnis oder abgebrochener Verbindung geortet werden - nebenbei gibt es dadurch kaum noch Notrufmissbrauch, sagt er.
Apropos Ortskenntnis: Die ist zwar hilfreich, aber bei der heutigen Größe des Zuständigkeitsbereichs helfen vor allem Kartendienste und Navigationssysteme. Bei all dem Wandel kaum geändert hat sich laut Wolfgang Hartick die Kollegialität, der Teamgeist in der Leitstelle. "Und der bauliche Zustand in der Berliner Straße", sagt er mit Augenzwinkern.
Eine Veränderung fällt ihm dann doch noch ein: Die Kollegen seien heute mit 60 fitter und damit auch länger dabei. Auch er ist noch regelmäßig mit "draußen" bei Feuerwehreinsätzen. Auch nach seiner Pensionierung bleibe er Mitglied in der Freiwilligen Feuerwehr Gera-Dorna. Er ist weiterhin Ortsteilbürgermeister des Geraer Ortsteils Röpsen mit Dorna und Negis und er bleibt im Heimatverein aktiv. Zudem reist er gern und ist auch sonst breit interessiert. Und er hat seine Familie. Nein, Langeweile im Ruhestand fürchtet Wolfgang Hartick nicht.