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Jakob und der Engel – Der Maler Roger David Servais

Roger David Servais: Chassidisches Paar in New York, 2016, Öl auf Leinwand (Foto: Doris Weilandt)
Roger David Servais: Chassidisches Paar in New York, 2016, Öl auf Leinwand (Foto: Doris Weilandt)

Die Kunstsammlung Gera präsentiert im Rahmen des Themenjahres „Neun Jahrhunderte jüdisches Leben in Thüringen“ das höchst eigenständige Lebenswerk des belgischen Künstlers Roger David Servais (*1942).

Gezeigt werden großformatige Arbeiten, die die gesamte Breite seines malerischen Schaffens umspannen. Einen Schwerpunkt bilden Gemälde, die sich mit dem Judentum auseinandersetzen. In mehreren Varianten beschäftigt er sich mit den biblischen Geschichten von Jakobs Kampf mit dem Engel, Lea und Rachel oder Davids Schild. Immer wieder erscheinen die Thoraträger und Ahasver, die das immaterielle Erbe des jüdischen Volkes retten und weitertragen.

„Jüdisches Leben ist für mich Wanderschaft durch verschiedene Welten. Vielleicht sind es meine schreitenden Leute. Menschen in Bewegung. Es gibt dieses wunderbare Gleichnis von Lot und seinen Töchtern. Man soll immer nach vorne gehen. Die Frau von Lot hat sich umgeschaut und wurde zur Salzsäule. Man muss nach vorne schauen, um weiter zu kommen.

Der Mensch ist demütig vor Gott, deshalb die Perspektive der zeichenhaften Menschen“, sagt Roger David Servais. 

Der Künstler ist selbst ein Welten-Wanderer. Als Kind jüdischer Eltern wuchs er in Lüttich, Brüssel und Berlin auf. 1961 begann er Malerei und Design an der Hochschule der Künste in Berlin-Charlottenburg zu studieren. Einer seiner wichtigsten Lehrer war Otto Hofmann, ein Schüler von Paul Klee und Wassily Kandinsky. Aus Liebe zu seiner späteren Frau zog Servais in den Ostteil der Stadt, was zu größten Schwierigkeiten bei Grenzübertritten führte. In seiner Ostberliner Zeit hat er enge Freundschaften zu Künstlern wie

Peter Graf, Robert Rehfeldt und dem aus Gera stammenden Lutz Rudolph entwickelt. Rudolph bildet zusammen mit seiner Frau Rosi den Mittelpunkt eines Bildes. Das Gemälde „Deutscher Abend“, auf dem Wolf Biemann im Gespräch mit Hölderlin dargestellt ist, macht die Endzeitstimmung deutlich, die Servais in der DDR bereits Mitte der 1970er Jahre empfand. Nach seinem Weggang arbeitete er als freiberuflicher Künstler in Belgien, Frankreich, den USA, Israel, Schweden und Italien. Die unterschiedlichen kulturellen Einflüsse finden sich in seinem Werk wieder. Er beschäftigte sich in unterschiedlichen Techniken mit allegorischen Themen, mit Landschaft, Frauenfiguren und jüdischem Alltag. Seine figurative Malerei, mit der er an der Westberliner Kunsthochschule eine Ausnahme war, wird in einigen Lebensabschnitten abstrakter und zeichenhafter.

Was seine Kunst vor allen anderen auszeichnet, ist die starke Innerlichkeit, die Stille, die von den Bildern ausgeht. Servais´ auf das Wesentliche reduzierte Figuren bewegen sich durch weißes Licht, das die anderen Farbtöne schimmern lässt. In der Ausstellung der Kunstsammlung Gera werden über 70 Gemälde, Grafiken und Plastik präsentiert.

Doris Weilandt